AGB - Benötigt, aber nicht geliebt

27.02.2006 von Thomas Feil
Die wenigsten Kunden machen sich die Mühe, die Allgemeinen Geschäftsbedingungen genau durchzulesen. Trotzdem sind die AGB für den Fachändler kein Freibrief, in dem alle für den Kunden günstigen Regelungen ausgehebelt werden können. Wo das BGB die rechtlichen Grenzen setzt, zeigt Rechtsanwalt Thomas Feil.
Händler, die glauben, dass sie bei der Gestaltung der AGB völlig freie Hand haben, erleben eine böse Überraschung. Bild: Photocase
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Wer kennt sie nicht, die Verträge, auf deren Rückseite in kleiner Schrift die Allgemeinen Geschäftsbedingungen abgedruckt sind. Nur wenige Kunden machen sich die Mühe, und lesen alle Klauseln durch, obwohl gerade bei gerade bei größeren Investitionen sich diese Zeit sehr lohnen kann. Trotz dieses Umstandes sind die Allgemeinen Geschäftsbedingungen für den Fachhändler kein Freibrief, in dem alle für den Kunden günstigen Regelungen ausgehebelt werden können. Das BGB setzt rechtliche Grenzen, die zu beachten sind.

Wozu benötigt ein IT-Händler AGB?

AGB sind ein Stiefkind im Unternehmen. Dies liegt häufig daran, dass der Sinn von AGB nicht ohne weiteres ersichtlich ist.

AGB können nach den rechtlichen Vorgaben das Gesetz und die Regelungen des BGB nicht außer Kraft setzen. Dies kann also nicht der Sinn von AGB sein. Auch die Eingrenzung der Haftung scheitert, da die AGB-rechtlichen Vorschriften nur einen engen Gestaltungsspielraum geben.

Sinn der AGB ist es, gerade im IT-Bereich Regelungslücken des Gesetzes auszufüllen. Das BGB bildet in seinen Vertragstypen die Geschäftsmodelle der IT-Branche nur unzureichend ab. Daneben soll mit AGB der enge Gestaltungsspielraum des Gesetzes ausgenutzt werden.

Der Überblick

Unter der Überschrift "Gestaltung rechtsgeschäftlicher Schuldverhältnisse durch Allgemeine Geschäftsbedingungen" sieht das BGB in den §§305 ff. Regelungen zur Überprüfung von AGB vor.

Nach der Definition in §305 Absatz 1 BGB sind Allgemeine Geschäftsbedingungen "alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt".

Folgende Bedingungen machen also aus Vertragsklauseln Allgemeine Geschäftsbedingungen:

- Die Regelungen sind vorformuliert,

- die Klauseln bestehen für eine Vielzahl von Verträgen,

- sie werden von einer Vertragspartei gestellt.

Vorformulierte Vertragsregelungen

Vorformuliert sind solche Vertragsregelungen, die für eine mehrfache Verwendung schriftlich aufgezeichnet oder in sonstiger Weise fixiert sind. Typischerweise sind die AGB auf der Rückseite einer Auftragsbestätigung gedruckt oder werden als Anlage zu einem Vertrag überreicht. Bei Softwareanbietern finden sich Vertragsbedingungen zuweilen in so genannten "README"-Dateien, die mit der Software ausgeliefert und installiert werden. Grundsätzlich ist auch eine solche Übermittlung der AGB möglich. Allerdings erlangt der Kunde in den meisten Fällen erst nach Vertragsschluss Kenntnis von den Geschäftsbedingungen. Dann wurden die AGB nicht wirksam in den Softwarevertrag mit einbezogen. Auch Bestellformulare oder Musterverträge können AGB sein.

Vielfache Verwendung

Die Vertragsklauseln werden für eine Vielzahl von Verträgen verwendet, wenn sie mindestens bei zwei bis drei Vertragsschlüssen genutzt werden. Dabei muss eine solche Mehrfachnutzung noch nicht erfolgt sein. Es genügt, wenn die Mehrfachnutzung beabsichtigt ist. Das Gesetz gilt dann bereits beim ersten Verwendungsfall. Grundsätzlich gegen eine Mehrfachverwendung spricht es, wenn die Vertragsparteien im Vertrag namentlich bezeichnet und nicht allgemein als "Käufer" oder "Verkäufer" genannt werden.

Die Fälle, in denen, etwa mit Hilfe eines Textverarbeitungsprogramms, die Namen der Vertragspartner oder die Bezeichnung des Vertragsobjekts durch Platzhalter in einen vorformulierten Text eingesetzt werden, hat der BGH dahin entschieden, dass bei derartigen unselbständigen Ergänzungen AGB vorliegen. Problematischer und im Einzelfall zu entscheiden sind die Fälle zu beurteilen, in denen die Einfügungen den Regelungsgehalt des Vertrages mitbestimmen. Im Zweifel ist dies aber kein geeignetes Mittel, die Bestimmungen des BGB zu umgehen.

Stellung durch den Verwender

Des Weiteren müssen die AGB von dem Verwender gestellt werden. Dies sind sie dann, wenn eine Vertragspartei die Einbeziehung der vorformulierten Bedingungen in den Vertrag verlangt und sie nicht im Rahmen der Vertragsverhandlungen individuell ausgehandelt werden, §305 Absatz 1 Satz 3 BGB. Auf individuelle Vertragsbedingungen finden weder das AGB-Gesetz noch die EG-Richtlinie Anwendung. Aushandeln bedeutet, dass der Kunde zumindest die tatsächliche Möglichkeit hat, auf die gestellten Vertragsbedingungen Einfluss zu nehmen. Ob er dies dann nutzt, ist für die Abgrenzung von AGB und Individualvereinbarungen unerheblich. Auch müssen die vorgeschlagenen Vertragsklauseln nicht unbedingt geändert oder ergänzt werden. In der Praxis ist die Grenze zwischen AGB und Individualregelungen oft schwierig zu ziehen. Häufig wird anhand individueller inhaltlicher Textänderungen beurteilt, ob über Klauseln verhandelt werden konnte.

Für ein Aushandeln von Vertragsbedingungen genügt es nicht, dass einzeln Klauseln gestrichen werden oder über eine Regelung des Vertrages verhandelt werden. Sind zwischen zwei Vertragsparteien AGB vereinbart worden, so haben abweichende individuelle Vereinbarungen Vorrang.

Bei einem kollektiven Aushandeln der Vertragsbedingungen, etwa auf Verbandsebene, ist §305 Absatz 1 S.3 BGB allerdings nicht bereits anwendbar. Es handelt sich insoweit nicht um eine Individualvereinbarung.

Häufig wird der EDV-Anbieter versuchen, dem Auftraggeber seine AGB zu überreichen und jedes Aushandeln einzelner Vertragsklauseln ausschließen. Dann sind die AGB vom EDV-Anbieter "gestellt" im Sinne von §305 BGB.

Einbeziehung der AGB

Damit die AGB in einem Vertragsverhältnis Gültigkeit erlangen, müssen sie in den Vertrag einbezogen werden (§305 Absatz 2 BGB). Bedingungen für die wirksame Einbeziehung sind danach:

- ein ausdrücklicher Hinweis auf die AGB (§305 Absatz 2 Nr.1),

- die Möglichkeit zumutbarer Kenntnisnahme für die andere Vertragspartei (§305 Absatz 2 Nr.2),

- das Einverständnis der anderen Vertragspartei (§305 Absatz 2 am Ende).

Zur Hinweispflicht: Es empfiehlt sich für Anbieter, auf den Angebotsformularen deutlich auf umseitig abgedruckte oder beigefügte AGB zu verweisen. Der bloße Abdruck auf der Rückseite ohne einen Hinweis auf der Vorderseite genügt nicht, um die AGB in der Vertrag einzubeziehen.

Wenn der Auftraggeber ebenfalls auf seine AGB verweist, so gelten die AGB als vereinbart, auf die zuletzt verwiesen wurde. Um sich vor der Geltung fremder AGB zu schützen, sollten die eigenen AGB einen Hinweis enthalten, dass man nur zu seinen eigenen Bedingungen einen Vertrag abschließen möchte. Dann werden zwar beide AGB nicht wirksam, und es gelten die gesetzlichen Bestimmungen, aber man ist insoweit vor der ungewollten Einbeziehung fremder AGB in einen Vertrag geschützt.

Um der anderen Vertragspartei die Möglichkeit der Kenntnisnahme in zumutbarer Weise zu verschaffen, müssen die AGB drucktechnisch so gestaltet sein, dass ein Durchschnittskunde sie mühelos und ohne Lupe lesen kann. Die Buchstabengröße sollte mindestens 2mm betragen.

Wurden die AGB nicht wirksam in den Vertrag einbezogen, so hat der Vertrag trotzdem seine Gültigkeit, §306 Absatz1 BGB. Allerdings gelten an Stelle der AGB die jeweiligen gesetzlichen Regelungen, §306 Absatz 2 BGB.

AGB unter Kaufleuten

Der umfassende Verbraucherschutz, den das AGB-Gesetz und die EG-Richtlinie bieten, gilt nicht uneingeschränkt im Verhältnis zwischen zwei Kaufleuten, die einen Hard- oder Softwarevertrag abschließen, vgl. §310 Absatz 1 BGB. Der AGB-Text muss im Gegensatz zu Verträgen mit Nichtkaufleuten dem anderen Vertragsteil nicht unbedingt überlassen werden. Auch ein Schweigen auf die Einbeziehung von AGB in einen Vertrag kann unter Kaufleuten zur Gültigkeit der Bedingungen führen.

Ein guter Umgang mit Geschäftskunden gebietet es aber, auch hier auf die Einbeziehung der AGB zu verweisen und nicht stillschweigend eine Geltung der eigenen Vertragsklauseln zu erreichen.

Unwirksame Klauseln

Vertragsklauseln in AGB können aus unterschiedlichen Gründen eingeschränkt gültig oder unwirksam sein. Ein Klausel kann eingeschränkt gültig oder unwirksam sein, weil

- die AGB-Bestimmung unklar ist,

- die AGB-Bestimmung überraschend ist oder

- die AGB-Bestimmung den Kunden unangemessen benachteiligt.

Unklare Vertragsklauseln

AGB müssen klar und verständlich formuliert sein (§307 Absatz 1 Satz 2 BGB, sog. "Transparenzgebot"). Ist die Vertragsklausel vieldeutig, so geht dies zu Lasten des EDV-Händlers. Zunächst ist eine solche Bestimmung nicht unwirksam, sondern es wird die kundenfreundlichste Auslegung der Regelung gewählt. Im Gegensatz zu sonstigen Verträgen, in denen eine unklare Regelung den Bestand eines Vertrages gefährden kann, behält nach dem AGB-Gesetz eine solche Klausel ihre Gültigkeit, und der Vertrag bleibt bestehen.

Ausnahmsweise kann eine unklare AGB-Bestimmung unwirksam sein, wenn beispielsweise fremde Sprachen und fremdsprachige Ausdrücke verwendet werden, die ein Durchschnittskunde nicht versteht. Diese Grundsätze gelten gegenüber Kaufleuten und Nichtkaufleuten.

Überraschende Klauseln

§305c BGB schützt den Kunden vor überraschenden Klauseln. Klauseln, die nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrages so ungewöhnlich sind, dass ein Kunde nicht mit ihnen rechnen braucht, sind danach unwirksam.

Bei der Beurteilung, ob eine Klausel überraschend ist, stellt die Rechtsprechung auf den Einzelfall ab. Überraschend ist beispielsweise eine Klausel, nach der

- Reparaturzeiten nur dann verbindlich sind, wenn sie schriftlich bestätigt werden,

- Bezugspflichten des Käufers für die zum Betrieb der Kaufsache erforderlichen Hilfs- und Betriebsstoffe begründet werden, so etwa für Toner bei Computerdruckern,

- der Mieter von Hard- oder Software haftet, auch für nicht von ihm zu vertretende Schäden,

- ein Nachbesserungsversuch die ursprünglichen Gewährleistungspflichten weder hemmt noch unterbricht.

Nicht überraschend sind Haftungsbeschränkungen, da diese üblicherweise in AGB zu finden sind.

Benachteiligende Klauseln

§307 Absatz 1 BGB untersagt Klauseln, die den Vertragspartner und Kunden unangemessen benachteiligen. Dabei hat der Gesetzgeber eine Anzahl von Klauseln genannt, die unwirksam sind. Grundsätzlich lässt sich sagen, dass eine unangemessene Benachteiligung vorliegt,

- wenn die AGB von wesentlichen gesetzlichen Grundgedanken abweichen, ohne das besondere Umstände dies rechtfertigen (§307 Absatz 2 Nr.1 BGB),

- wenn wesentliche Rechte und Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrages ergeben, so eingeschränkt werden, dass die Erreichung des Vertragszweckes gefährdet ist (§307 Absatz 2 Nr.2 BGB),

- wenn ein Verstoß gegen Treu und Glauben vorliegt (§307 Absatz 1 Satz1 BGB).

Die Benachteiligung muss ein erhebliches Gewicht haben, geringfügige Benachteiligungen sind hinzunehmen. Nachfolgend einige unzulässige Klauseln:

- Freizeichnungsklauseln, mit denen sich der Anbieter von der Haftung ganz freizeichnen will. Insbesondere Haftungsausschlüsse oder Haftungsbegrenzungen für Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit sind unwirksam.

- Gerichtsstandsklauseln im nichtkaufmännischen Verkehr.

- Klauseln, die dem Kunden die Pflicht auferlegen, am Lastschriftverkehr teilzunehmen.

- Klauseln, die dem EDV-Anbieter die Möglichkeit zu einseitigen Preiserhöhungen geben, §309 Nr.1 BGB.

Der generelle Ausschluss einer Aufrechnungsmöglichkeit des Kunden mit eigenen Ansprüchen gegenüber Zahlungsverpflichtungen, §309 Nr.3 BGB.