Viele Unternehmen sind heute zu eifrigen Datensammlern geworden. Aber auch ihre Kunden sind fleißig dabei, Daten zu generieren: Laut Sciencedaily.com sind 90 Prozent der Daten auf der ganzen Welt in den letzten zwei Jahren entstanden - sicher eine Entwicklung, die dem Erfolg von sozialen Netzwerken zuzuschreiben ist.
Die Datenflut nutzt aber nur etwas, wenn sie in nützliche Information verwandelt werden. Zum Beispiel in Form von Trends, Reports oder Studien, aus denen sich strategische Schritte ableiten lassen. Das bedeutet heute meist mehr, als nur paar Charts aus Zahlen zu generieren, meist sollen Daten "eine Geschichte erzählen", was mit dem Buzzword "Storytelling" bezeichnet wird. Ein Beispiel dafür sind Infografiken. Jeder kennt die Hochkant-Schaubilder aus dem Web. Mit schicken Symbolen und kurzen Texblöcken lassen sie dröge Zahlen oder komplexe Themen unterhaltsam und verständlich werden.
Gute Infografiken sind nicht nur schnell erfassbar, sie werden dann gern über Social Media weitergereicht. Ob nun öffentlich oder nur für den internen Gebrauch, sind Infografiken auf jeden Fall ein attraktives Vehikel, Daten aufzubereiten. Eine gelungene, aber auch nicht so gelungene Beispiele zeigt folgende Galerie:
Um Daten in schicke Grafiken zu wandeln, braucht heute nicht unbedingt mehr spezielles Fachwissen und einen teuren Grafik- oder Programmier-Profi. Selbst Animationen, Interaktion oder Echtzeit-Datenvisualisierung sind heute mit ein paar nützlichen Helfern aus dem Web oft in kürzester Zeit für jeden machbar. Viele davon sind kostenlos und verlangen erst beim Zugriff auf bestimmte Funktionen eine Monatsgebühr. Wichtig ist nur, die Tools zu kennen: Einige sind allgemeintauglich, andere spezialisieren sich auf eine bestimmte Art von Visualisierung. Im folgenden finden Sie unsere Empfehlungen im Überblick. Zunächst kompakt als Galerie, dann noch einmal ausführlich beschrieben.
Piktochart
Nach der Anmeldung stellt der Präsentations-Webdienst Piktochart Vorlagen für alle möglichen Zwecke bereit, darunter auch für Geschäftsthemen wie Agendas oder Statistiken. Ein Klick reicht, um die Vorlage in den Editor-Modus zu holen, mit dem sich dann Block für Block die Inhalte modifizieren oder überschreiben lassen. So schaffen es auch komplette Nicht-Grafiker ihre Inhalte aufzubereiten. Icons lassen sich austauschen, so sind die Vorlagen thematisch einigermaßen flexibel. Wer möchte, kann außerdem mit einem komplett leeren Blatt anfangen oder eigene Grafiken hochladen.
Die Ergebnisse lassen sich als JPG oder PDF direkt im Web veröffentlichen, per E-Mail als "Pictocard" verschicken oder auf Facebook & Co. teilen. Mit der kostenlosen Version lässt sich zwar frei editieren, jedoch sind die Grafiken mit einem Wasserzeichen gekennzeichnet, die Hochladefunktionen für eigene Bilder, wie die Auflösung der Ausgabe eingeschränkt. Zum Testen reicht es - wer jedoch Piktochart öfter einsetzen möchte, kommt wohl kaum um einen Pro-Account für 29 Dollar monatlich herum, der zudem viel mehr Auswahl bei Business-Designvorlagen zu bieten hat. Piktochart kann übrigens auch Geschäftsreports und Präsentationen erstellen, die optisch top aussehen und genauso leicht zu gestalten sind.
Google Charts
Bei Tools für die Datenvisualisierung darf natürlich Google, der König der Datensammler, nicht fehlen. Sein hauseigener Google Charts-Dienst ist sehr flexibel und hat erwartungsgemäß ein ganzes Set an Entwicklerwerkzeugen dabei, die auch dynamische Echtzeit-Daten im Web darstellen können. Für die Ausgabe stehen schlanke Formate wie HTML5 und SVG bereit, die über Browser hinweg kompatibel und auch auf den wichtigen mobilen Geräten mit iOS und Android darstellbar sind. Die "Quick Start"-Lektion zeigt, wo die Stärke des programmierorientierten Ansatzes liegt: Um ein Tortendiagramm in ein Balkendiagramm zu konvertieren, reicht es im Quellcode die Zeile "google.visualization.PieChart" in "google.visualization.BarChart" zu ändern.
Gleichzeitig steigen hier vermutlich die Nicht-Programmierer aus und werden auch später kaum zur Umkehr überredet, denn es wird beim Zeichnen der Diagramme natürlich noch anspruchsvoller. Google Charts können mit Interaktivität und Animationen aufgepeppt werden. Trotzdem bleiben sie - da code-basiert - schlank sowie kompatibel und können aus dem Webbrowser ausgedruckt werden. Wem das nicht reicht, der kann noch per Google Visualizations API auf den Dienst mit eigenen Lösungen zugreifen. An Möglichkeiten fehlt es also nicht, Nicht-Entwickler sind jedoch schnell überfordert. Google Charts ist übrigens komplett kostenlos und garantiert seinen Nutzern Abwärtskompatiblität für drei Jahre.
iCharts
iCharts ist ein Cloud-Service für Datenvisualisierung, dessen Features sich eindrucksvoll anhören: Excel-Tabellen, Google Drive Documents oder manuelle Daten können hier in einem Schritt importiert und dann in alle möglichen Chart-Typen verwandelt werden. Sogar interaktive Charts gibt es mit dem kostenlosen Trial-Account, der in wenigen Minuten angelegt und aktiviert ist.
Auf den zweiten Blick entpuppt sich die Oberfläche von iCharts dann aber als optischer Flop. Wohl bewusst an Windows angelehnt, damit sich die Zielgruppe gleich wohl fühlt, sieht alles - und vor allem auch die damit generierten Charts - sehr altertümlich aus. Die iCharts-Studio-Bedienoberfläche wurde wie 1:1 von einem Desktop-Computer in einen starren Flash-Kasten ins Web übertragen, der sich weder der Browserfenster-Größe noch der Bildschirmauflösung anpasst. Viele aufklappbare Kästen, klein beschriftete Menüs und Tab-Reiter fördern nicht gerade die Übersicht.
Für ein paar schnelle Charts und zum Modifizieren einiger Objekte reicht es dennoch. Mit dem kostenlosen Account lässt sich einiges ausprobieren, die Grenzen sind jedoch schnell erreicht - es ist etwa kein Upload eigener Bilddateien erlaubt. Der "Platinum"-Plan fällt mit 75 Dollar pro Monat nicht gerade günstig aus.
Easel.ly
Easel.ly ist eine themenbasierte Web-App, die Infografiken und Datenvisualisierung so vereinfachen möchte, dass jeder Nutzer ohne Zeitaufwand, Kosten und Grafiker-Erfahrung Infografiken und Diagramme in Profiqualität erstellen kann. Das Prinzip ist einfach: Man zieht das passende Thema auf die Zeichenfläche, überschreibt die schon eingefügten Texte, fügt weitere Cliparts und Grafiken hinzu und fertig ist das Diagramm oder die Infografik. Im "Present"-Modus lässt sich die Wirkung testen, bevor die Grafik heruntergeladen (PDF, JPEG ist möglich) oder einfach mit einem Hyperlink oder Embed-Quellcode geteilt wird.
Für anspruchsvolle Diagramme ist ein entsprechender Bereich an Bord, mit dem sich in Torten- und alle möglichen Diagrammarten Werte eingeben und so die Darstellungen exakt steuern lassen. Das Hochladen eigener Grafiken oder fertiger Diagramme ist ebenfalls möglich. Zum durchweg guten Eindruck passt auch der moderate Preis. Mit der Pro Version gibt es mehr Vorlagen, Schriften und keine Werbung mehr. Mit nur zwei Dollar pro Monat sollte sie auch für den Gelegenheitsgebrauch erschwinglich sein.
Infogr.am
Infogr.am verspricht einfache Erstellung von Charts und Infografiken und überzeugt uns tatsächlich mit einer extrem aufgeräumten, wie intuitiven Bedienoberfläche. Meist blickt der Anwender nur auf wenige große, wie schöne Symbole - immer genau die, die er gerade brauchen könnte. Bei Berührung wird jeweils eine Beschriftung eingeblendet.
Die Registrierung zum Kostenlos-Account ist mit Facebook, Google Account oder einfach E-Mail-Adresse in Minuten erledigt. Danach wählt man aus Vorlagen, die komplett mit Charts, Blindtexten und hübschen Designs, die nur noch mit Inhalten gefüttert werden müssen. Das simple Erscheinungsbild täuscht vielleicht: Jeder Chart kann hier mit Daten feingetunt, mit komplexen Datensätze in den Formaten .xls, .xlsx und .csv gefüttert oder mit Live-Daten per Web-Tool angereichert werden und sich so innerhalb von Sekunden in anschauliche Diagramme verwandeln. Die Diagramme an sich machen schon Spaß: Die in Infogr.am erzeugten Kurven bauen sich meist elegant animiert zu der fertigen Grafik auf. In wenigen Minuten erhält man Ergebnisse, die Profi-Grafiker kaum besser hinbekommen. Leider lassen sich die mit dem Gratis-Account erzeugten Grafiken auch nur über das Web-Portal mit Kollegen teilen oder im Web veröffentlichen.
Der Pro-Account ist ab 18 Dollar im Monat erhältlich, der neben Sichern der Grafiken als PNG oder PDF Echtzeit-Daten aus Google Drive oder per JSON ermöglicht. Wer das Infogr.am-Branding loswerden möchte, ist ab 50 Dollar mit der White Label-Lizenz dabei.
Dipity
Dipity verfolgt einen speziellen Ansatz der Datenvisualisierung und nur diesen: Hier werden alle Daten in Timelines, also Zeitleisten, verpackt. Das ist sicher nicht die für jeden Anlass passende Form, seine Geschäfts- oder andere Daten aufzubereiten - aber je länger man sich mit den Timelines auf Dipity beschäftigt, desto mehr Ideen kommen, für was man sie verwenden könnte. Wie in einem sozialen Netzwerk können andere User (die angemeldet sind oder per E-Mail eingeladen werden) einer Timeline, die unter einer URL zugänglich ist, folgen. So lässt sich zum Beispiel der Werdegang des eigenen Geschäfts, von Projekten, gelaunchten Produkten und vielem mehr sehr anschaulich abbilden. Wenn ein Meilenstein oder besonderes Ereignis eintritt, werden nach dem Twitter-Prinzip die Follower benachrichtigt.
Das Anlegen einer Zeitleiste gelingt einfach. Hier werden Namen bestimmt, Fotos hochgeladen und die Sichtbarkeit (öffentlich oder nur für eingeladene) festgelegt. Danach kommen im Formular Events hinzu, die mit Datum, Beschreibung, Foto, Links, Ort und vielem mehr beschrieben werden können. Die ganze Zeitleiste kann mit einem Klick auf Facebook & Co präsentiert werden. Der Kostenlos-Account kann bis zu 150 Events pro Timeline darstellen, wer mehr braucht kann ab 4,95 Dollar monatlich das Limit aufheben und mehr Branding-Möglichkeiten zukaufen.
ChartsBin
ChartsBin spezialisiert sich auf Interaktive Landkarten. Entsprechend ist das Tool geeignet, wenn es zum Beispiel darum geht, globale Daten - wie die Verbreitung von Smartphones weltweit, Sprachen, Bevölkerungszahlen etc. - zu visualisieren. Für die Anmeldung reicht eine E-Mail-Adresse, um in wenigen Minuten ins Dashboard zu gelangen. Hier können Statistik-Datensätze - etwa im .csv-Format - hochgeladen, formatiert und mit Meta-Informationen versehen werden. Daraus generiert der Dienst dann eine Datentabelle, die im nächsten Schritt in eine Weltkarte oder auch in regionalere Karten, etwa von Deutschland, umgewandelt werden kann.
Die interaktiven Karten können direkt bei ChartsBin veröffentlicht und von dort aus leicht geteilt werden: zum Beispiel mit Social Buttons oder dem HTML-Code zum einbetten auf die eigene Website. Die Website ist auch eine gute Recherchequelle, da schon viele in Karten verpackte Statistikdaten in diversen Kategorien wie "Economics" zu finden sind.
Venngage
Venngage - der Name ist vermutlich eine Kreuzung aus "engage" und "Venn", einer Art von Diagrammen - kümmert sich nicht nur um das einfache Übersetzen von Daten in Diagramme und Grafiken und das einfache Veröffentlichen der Grafiken auf einem Blog, Website oder sozialen Netzen. Im Grafik-Bereich hat der Dienst besonders viele und grafisch top gestaltete Vorlagen für Geschäftsthemen wie zum Beispiel Reportings im Angebot. Einige Templates sind kostenlos zu haben. Es reicht wieder ein Klick, um den übersichtlichen Editor zum Bearbeiten zu starten. Die Vielfalt an Chart-Typen sowie die große Auswahl an Piktogrammen zum Gestalten lassen kaum Wünsche offen.
Mit dem kostenlos-Account lässt sich schon einiges anstellen: Die Vorlagen und Grafiken sind zwar in ihrer Zahl eingeschränkt, doch Online veröffentlichen ist schon hier möglich. Das Premium Abo ab 19 Dollar im Monat ermöglicht eine unbegrenzte Anzahl von erstellten Grafiken, macht Download als PDF/PNG möglich und entfernt das Branding.
Und dann ist da noch Tableau...
Ein neuntes Tools für die interaktive Aufbereitung von Daten, das zudem auch Schnittstellen zu allen gängigen Datenbanksystemen bietet, ist "Tableau" beziehungsweise die öffentliche Gratis-Variante "Tableau Public". Dieses Tool stellen wir im Rahmen eines Interviews mit dem CEO des Unternehmens, Christian Chabot, im Beitrag "Manchmal werden wir schon als 'Google der Daten' bezeichnet" ausführlich vor. (sh)