Zukunft des MWC ungewiss

Absage der Mobilfunk-Messe sorgt für Kritik

14.02.2020
Der Mobilfunk-Branchentreff Mobile World Congress fällt in diesem Jahr der Coronavirus-Gefahr zum Opfer. Nach einer Flut von Absagen großer Aussteller machten die Veranstalter einen Rückzieher. Die Entscheidung stößt in Spanien auf Kritik.

von Andrej Sokolow und Emilio Rappold, dpa

Die weltweit wichtigste Mobilfunk-Messe MWC in Barcelona fällt in diesem Jahr wegen der Coronavirus-Gefahr aus - und die Entscheidung der Veranstalter sorgt für Ärger in Spanien. So forderte die für Handel, Industrie und Tourismus zuständige Ministerin Reyes Maroto, die Firmen müssten begründen, warum sie den Mobile World Congress abgesagt, nicht aber ihre Teilnahme an anderen ähnlichen Events gestrichen hätten.

In den vergangenen Tagen hatten viele große Aussteller von der Deutschen Telekom und Vodafone bis zu den Netzausrüstern Nokia und Ericsson ihre Teilnahme aus Sorge um die Gesundheit von Mitarbeitern abgesagt. Die Messeveranstalter von der Branchenvereinigung GSMA hielten noch am Wochenende an dem Termin vom 24. bis 27. Februar fest - gaben aber am Mittwochabend schließlich auf und sagten den MWC ab.

Die große Frage für die Zukunft ist nun, ob die Absage erste Risse in die MWC-Erfolgsstory bringt. Denn manche Anbieter könnten ihre Teilnahme an künftigen Events überdenken, wenn sie feststellen, dass ihr Geschäft im Jahr ohne den teueren Messeauftritt keinen Schaden nahm. So markierte die Finanzkrise 2008 den Anfang vom Ende der Computermesse Cebit in Hannover: Viele Aussteller blieben ihr damals fern und kamen auch später nicht wieder. Jetzt beteuerten viele große Player immerhin, sie freuten sich auf die MWC-Ausgabe 2021.

Der MWC gilt als die weltweit wichtigste Veranstaltung der Mobilfunkbranche und ist in den vergangenen Jahren stetig gewachsen. Die GSMA erwartete zu der Messe in diesem Jahr wieder mehr als 100 000 Besucher und mehr als 2800 Aussteller. Für Barcelona ist sie auch ein wichtiger Wirtschaftsfaktor - der Effekt für das Gastgewerbe und andere Branchen wird von der GSMA auf nahezu eine halbe Milliarde Euro geschätzt.

Am Tag nach der Absage gab es entsprechend viel Bedauern und Kritik von Hotel- und Restaurant-Betreibern, von Taxifahrern und Ladenbesitzern. "Eine kalte Dusche", titelte die katalanische Zeitung "El Periódico", "La Razón" sprach von "einem wahren Erdbeben".

Die Mobilfunk-Anbieter-Vereinigung GSMA, die die Messe veranstaltet, habe sich "die Entscheidung nicht leicht gemacht", beteuerte unterdessen ihr Chef John Hoffman. Man habe auch die Verschiebung des MWC auf einen späteren Zeitpunkt in Betracht gezogen, sagte er am Donnerstag in Barcelona. Es sei aber unmöglich, vorherzusagen, wann sich die Situation um das Coronavirus ändern werde.

Auf die Millionenverluste angesprochen sagte GSMA-Generaldirektor Mats Granryd in Barcelona: "Es geht nicht um Geld. Es geht um die Sicherheit und um die Gesundheit der Menschen." Obwohl man die GSMA-Entscheidung "respektiert", lässt man dieses Argument aber weder in Barcelona noch in Madrid gelten. Die Vizechefin der sozialistischen Zentralregierung, Carmen Calvo, versicherte, der MWC sei "nicht aus gesundheitlichen Gründen" abgesagt worden. "Es gibt andere Motive", meinte sie, ohne diese aber zu nennen.

Barcelona-Bürgermeisterin Ada Colau betonte auf der gemeinsamen Pressekonferenz mit den GSMA-Vertretern: "Wir waren darauf vorbereitet, die beste Messe aller Zeiten zu organisieren." Einer der angesehensten Epidemiologie-Experten Spaniens, Antoni Trilla, beklagte: "Die Angst hat irgendwie die Wissenschaft besiegt."

Die britische Ausgabe des Magazins "Wired" berichtete, die GSMA habe zunächst versucht, die Behörden der spanischen Provinz Katalonien zu überzeugen, einen Gesundheits-Notstand auszurufen. Das wäre für sie wichtig gewesen, um die Ausgaben von Versicherungen zurückzubekommen. Die Gesundheitsbehörden sahen aber "keinen Grund, Notmaßnahmen zu ergreifen". Damit war der Ball im Feld der GSMA. Die "Financial Times" berichtete, Gespräche darüber, wer die Kosten tragen soll, gingen auch nach der Absage weiter. (dpa/rw)