Für die meisten Systemhäuser ist eine IT-Strategie kein Problem. Die technische Expertise, die dafür erforderlich ist, ist schließlich der Kern der Branche und der Leistungen. Doch für Dienstleistungsunternehmen wie Managed Service Provider (MSPs) sind wirtschaftliche Kompetenzen nicht minder wichtig - und dazu zählt neben der Vertragsverhandlung auch eine Vertriebsstrategie. "Sales ist das Herz des Unternehmertums", heißt es in vielen Branchen, und in der IT ist es nicht anders.
Spätestens wenn Kunden wegfallen und Akquise dringender wird, verfallen leider immer noch viele IT-Dienstleister in einen verzweifelten Aktionismus - Kaltakquise-Anrufe ohne Plan, fehlgeleitete Messepräsenzen oder dubiose Marketing-Tricks sind die Folge, die oftmals eher Geld, Zeit und im Zweifel den guten Ruf kosten als dass sie Umsatz einfahren. Doch für eine durchgeplante Vertriebsstrategie sind sie kein Ersatz.
IT ist ein Muss, aber kein Selbstläufer
Klar, die Leistungen eines Managed Service Providers sind eine wertvolle Investition für nahezu jedes kleine und mittelständische Unternehmen. Doch es wäre falsch, zu glauben, dass dies allein genüge, um diese Leistungen auch an den Mann oder die Frau zu bringen. Um ein Kundenportfolio aufzubauen, zu erhalten und zu erweitern, gilt es, drei Herausforderungen zu überwinden:
Kunden wissen nicht, wie viel sie nicht wissen: Als Kleinunternehmer ist es leicht, die Risiken einer mangelhaft verwalteten IT-Landschaft zu unterschätzen - oder die Menge an Ressourcen, die eine Inhouse-IT brauchen würde. Dass Managed Services etwas erstrebenswertes sind, muss zunächst einmal vermittelt werden.
Kunden glauben, die Lösungen seien zu teuer: Klar, wirtschaftlich zu bleiben ist gerade im aktuellen Klima keine leichte Aufgabe. Und es ist verlockend, bei der IT-Verwaltung zu sparen, solange die Rechner doch laufen. Dass sie am falschen Ende gespart haben, wird vielen erst bewusst, wenn ein ernstes Problem auftritt. MSPs können versuchen, dem zu begegnen, indem sie die Preise so tief drücken, dass die Margen gering ausfallen - oder, und das ist eher zu empfehlen, indem sie die Leistungen schon beim Vertrieb angemessen präsentieren.
Der Markt ist umkämpft: Zieht ein Wettbewerber die Preise nach unten, muss der Rest nicht selten nachziehen, um die Gunst der Kunden für sich zu behalten. Teilweise führen expandierende Anbieter sogar Preiskämpfe, indem sie ihre Leistungen in neuen Gebieten lange genug zu unwirtschaftlichen Dumpingpreisen anbieten, um die Konkurrenz aus dem Geschäft zu drängen - und im Anschluss als "last one standing" die Preise wieder zu normalisieren. Umso wichtiger ist es also, dass MSPs nicht willkürlich an der Preisschraube drehen, sondern den Wert ihrer Arbeit legitimieren.
8 Tipps für den Vertrieb von Managed Services
So viel zu den Herausforderungen, die MSPs beim Vertrieb ihrer Leistungen begegnen. Wie lassen sie sich also meistern? An erster Stelle steht ein klar durchdachter, individuell zugeschnittener Sales-Prozess. Die folgenden acht Tipps helfen dabei, diesen Prozess zu entwerfen, Leads zu erreichen und Deals abzuschließen.
Tipp 1: Zielgruppen definieren
Gerade wenn neue Kundschaft verzweifelt gesucht wird, sollte man das Netz so weit wie möglich auswerfen, oder? Könnte man meinen, doch diese Maßnahme im Vertrieb ist kontraproduktiv. Denn ein Unternehmen, das versucht, alle anzusprechen, spricht de facto niemanden an. Bei MSPs ist es nicht anders - und viele wissen gar nicht, dass sie bereits einen geografischen oder inhaltlichen Schwerpunkt haben, der sich als rote Linie durch ihren vorhandenen Kundenstamm zieht. Auf diese Stärken gilt es, sich zu fokussieren, um so in die zielgerichtete Neukundenansprache zu gehen.
Tipp 2: Nicht die Technologie verkaufen, sondern den Mehrwert
Ein typischer Anfängerfehler, der nichtsdestotrotz jedem passieren kann und viel Zeit durch technische Feinheiten verschlingt: Ein Überfokus auf die technischen Einzelheiten der Produkte. Machen wir uns nichts vor: Die Kundschaft will sich in der Regel nicht mit den technischen Details der Software-Tools auf MSP-Seite auseinandersetzen - genau dafür bezahlen sie ihre Dienstleister. Und jeder bezahlte Euro sollte so klar und transparent wie möglich Mehrwert bieten. Sales-Pitches und Werbetexte sollten die Kundenperspektive einnehmen: Was ist ihnen wichtig? Was kommt bei ihnen am Ende als Return of Invest (ROI) heraus? Hierfür ist ein Fokus auf die Zielgruppen ebenfalls hilfreich.
Tipp 3: "Keep it simple!"
Wie viele Vorkenntnisse hat mein potenzieller Käufer über die Technik, die bei einem MSP zum Einsatz kommt? Im Zweifelsfall eher weniger. Wie viele Vorkenntnisse sollten erforderlich sein, um deren Sales-Pitch zu verstehen? Im Zweifelsfall so wenige wie möglich. Ein Vertriebsgespräch kann schnell in eine langatmige IT-Vorlesung ausarten, wenn man zu tief ins Detail einsteigt, und davon haben weder der Verkäufer noch der Kunde etwas. Schließlich fangen Autohändler auch nicht mit der Funktionsweise des Verbrennungsmotors an.
Tipp 4: Der Preis folgt aus der Leistung - und nicht andersherum
Wie schon oben erwähnt, ist der Markt hart umkämpft. Es ist nicht leicht, einen wirtschaftlichen Preis zu verlangen und gleichzeitig mit dem Wettbewerb mitzuhalten. Doch man kann sich auch anderweitig abheben: Wer sich so generisch und austauschbar präsentiert, wie ein Durchschnitts-Systemhaus, wird sich durch unterdurchschnittliche Preise hervorheben müssen. Wer sich aber als einzigartig wertvoller IT-Partner präsentiert und die Vorteile der Zusammenarbeit greifbar aufzeigt, kann sich erlauben, die Preise höher anzusetzen. Kurz gesagt: Wer mehr Gewinn machen will als andere MSPs, muss besser aussehen als andere MSPs.
Tipp 5: Manchmal muss auch Kaltakquise sein
Wenn die eigenen Kontakte und Empfehlungen ins Stocken geraten, muss ein MSP vielleicht doch zum Hörer greifen. Klar, Kaltakquise hat nicht den elegantesten Ruf, aber es gehört unweigerlich zum Vertrieb dazu und kann der schnellste und zuverlässigste Weg zu neuen Leads sein. Auf keinen Fall sollte dieser Prozess aber planlos ablaufen - daher hier einige Tipps zur Kaltakquise:
Zielgruppendefinition ist essentiell. Wer am besten in den Kundenstamm passt, ist meist auch am Telefon am ehesten für Angebote empfänglich.
Wie wäre es mit "Warmakquise"? Eine kurze Vorstellung über E-Mail oder sogar in Briefform kann das erste Telefonat angenehmer für alle Beteiligten gestalten.
Ehrlich währt am längsten: Tricks oder Fangfragen, um jemand Bestimmtes ans Telefon zu bekommen, sind keine gute Basis für eine Geschäftsbeziehung. Transparenz und die Bitte um Erlaubnis, über ein Angebot zu sprechen, dagegen schon.
Heute ist nicht alle Tage: Vielleicht ist der Zeitpunkt des Telefonats nicht gerade der Tag, an dem ein neuer MSP benötigt wird. Doch wenn der Fuß in der Tür und der Kontakt hergestellt ist, kann der Faden später wieder aufgenommen werden. Zum Beispiel, wenn der bestehende MSP-Rahmenvertrag des Leads kurz vor Ablauf steht, oder nach einer Kontaktaufnahme in Form eines eigenen Newsletters.
Zum Video: 8 Vertriebstipps für MSPs
Tipp 6: Reibungen minimieren
Im Vertriebsgespräch gilt es, das Gleichgewicht zu finden zwischen den Details der Leistungen und der Einfachheit, mit der sie erklärt werden. Es muss nicht jedes Detail des Angebots aufgelistet werden, um den Mehrwert zu vermitteln. Eine Liste, die zu lang ist, wird auch nicht gelesen. Falls nötig, können diese auch auf Anfrage noch einmal erklärt werden.
Tipp 7: Klare Erwartungen setzen
Das kostbarste Gut eines Kunden ist nicht sein Geld, sondern seine Zeit und Vertrauen. Verkäufer müssen damit respektvoll umgehen und vor jedem Kontakt klarstellen, was sie erwartet. Eine Einladung zu einem einfachen "Kennenlerngespräch" wirft Fragen auf - ein "halbstündiges Telefonat, in dem wir X besprechen und ich Ihnen Ihre Fragen zu Y beantworte" ist dagegen eindeutig. Und auf gar keinen Fall sollten MSPs falsche Versprechungen machen oder überzogene Erwartungen wecken, nur um das nächste Gespräch terminieren zu können.
Tipp 8: Andere für sich sprechen lassen
Zufriedene Kunden sind die beste Werbung. Fallstudien und Testimonials dürfen daher in keinem Vertriebsgespräch fehlen - vor allem, wenn sie aus der gleichen Branche wie der Lead kommen. Wenn mit einem Bestandskunden eine besonders enge Beziehung besteht, ist auch ein direktes Gespräch zwischen ihm und einem Lead eine denkbare und sehr effektive Maßnahme.
Fragen für ein gutes IT-Vertriebsgespräch
Eine Geschäftsbeziehung basiert auf Gegenseitigkeit. Daher ist es wichtig, auch den Kunden zu Wort kommen zu lassen, um umso besser auf seine Bedürfnisse einzugehen. Die folgenden offenen Fragen eröffnen schon im Vertriebsgespräch weitere Türen, die zu einem Vertragsabschluss führen können:
Was sind Ihre größten Sorgen als wachsendes Unternehmen?
Was sind Ihre aktuellen Bedenken in Bezug auf die Cybersicherheit?
Wie haben sich Ausfallzeiten oder fehlerhafte Technologie auf Ihr Endergebnis ausgewirkt?
Welche IT-Probleme sind Ihnen ein Dorn im Auge?
Wie viel haben Sie im letzten Jahr für die Reparatur von Netzwerken oder IT-Geräten ausgegeben?
Wie schützen Sie Ihre externen Mitarbeiter?
Wie viel geben Sie pro Quartal für den IT-Support aus?
Wann werden Sie voraussichtlich neue Computer-/Netzwerkhardware kaufen müssen?
In der Ruhe liegt die Kraft
Wenn das Geschäft nicht wächst, wie es sollte, gilt es zunächst einmal Ruhe zu bewahren. Eine überstürzte und wahllose Neukundenansprache ist kein Ersatz für eine durchgeplante Vertriebsstrategie. Wenn MSPs die eigenen Wettbewerbsvorteile und Schwerpunkte kennen, gezielt mit der Zielgruppe ins Gespräch gehen und sich vom Wettbewerb abheben zu wissen, dann steht dem Vertriebserfolg nichts im Wege.
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