Mobilfunkstandard

5G zwischen Visionen und Machbarkeit

21.03.2019
Der Ausbau des mobilen Netzes ist in Deutschland viele Jahre auf der Strecke geblieben. Um so größer sind die Erwartungen, die nun in den neuen Standard 5G gesteckt werden.
5G wird es nicht überall in Deutschland geben. Ein Ausbau wäre unrentabel.
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Viel Ärger um 5G - das Kürzel für den neuen Mobilfunkstandard ist in den vergangenen Wochen für viele zum Aufregerthema Nummer eins geworden: Mobilfunkunternehmen ziehen kurz vor der Auktion neuer Frequenzen vor Gericht, Politiker fordern den flächendeckenden Ausbau. Provider winken ab. Dabei sollte die Vergabe der 5G-Frequenzen den Digitalstandort Deutschland aufwerten. Fragen und Antworten zu 5G:

Was ist 5G überhaupt?

5G bezeichnet die fünfte Mobilfunkgeneration. Die bisherigen waren das analoge mobile Telefonieren sowie die Digitalstandards GSM, UMTS und LTE. 5G kann die Daten rund hundert Mal schneller transportieren als das aktuelle LTE (4G). Der neue Standard verspricht aber auch kürzere Laufzeiten der Daten (Latenz). Außerdem können in einer 5G-Funkzelle viel mehr Geräte bedient werden als bei den älteren Standards. Mit 5G können Geräte bis auf einen Meter genau geortet werden.

Die 5G-Architektur kann sich intelligent an den jeweiligen Erfordernissen der Geräte im Netz ausrichten. So kann ein 5G-Netz zum Beispiel in einer Fertigungshalle besonders viele Dinge und Maschinen miteinander verbinden, in einer anderen Situation hohe Bandbreiten etwa für die Wiedergabe hochauflösender Videos zur Verfügung stellen oder aber auf Straßen ein besonders schnelles und zuverlässiges Netz mit kurzen Latenzen zur Verkehrssteuerung bieten.

Welche Frequenzen werden jetzt versteigert?

In der 5G-Auktion, die am 19. März beginnen soll, geht es um 41 Frequenzblöcke, die in vergleichsweise hohen Bereichen liegen (2 sowie 3,4 bis 3,7 Gigahertz). Nach den Gesetzen der Physik haben diese hohen Frequenzen keine großen Reichweiten. Es können zwar theoretisch bis zu fünf Kilometer überbrückt werden, aber auch nur dann, wenn kein Baum, Haus oder ein anderes Hindernis im Weg steht.

Die Frequenzen aus der Versteigerung eignen sich deshalb weniger, um etwa ländliche Gebiete mit Mobilfunk großflächig abzudecken. Der Funkstandard 5G lässt sich aber auch auf anderen Frequenzen nutzen, die größere Entfernungen überwinden können. Dazu gehört das Frequenzspektrum im 700-MHz-Bereich, der bereits 2015 versteigert wurde.

Warum sind kurze Laufzeiten in 5G relevant?

Die Daten können über 5G fast in Echtzeit übermittelt werden, die Latenzzeit kann unter einer Millisekunde liegen und darf höchstens zehn Millisekunden betragen. Das macht das Netz zum Beispiel attraktiv für den Betrieb ferngesteuerter Fahrzeuge, Präzisions-Roboter. Auch Telemedizin-Anwendungen, zum Beispiel eine Operation aus der Ferne, sind nur mit einer geringen Latenz möglich.

Wie kann 5G die unterschiedlichen Anforderungen bedienen?

Bei 5G gibt es nicht ein Netz für alle, sondern viele virtuelle Netze, die bestimmte Anforderungen erfüllen. Dieses Prinzip nennt man Network-Slicing. Manche Anwendungen verlangen möglichst große Datenübertragungsraten, andere haben nur kleine Datenmengen zu übertragen, die aber mit möglichst geringer zeitlicher Verzögerung ankommen müssen, beispielsweise bei der Steuerung einer Drohnensteuerung, Robotersteuerungen in Fabriken oder der Vernetzung selbstfahrender Fahrzeuge. In der Logistik wird dagegen eine möglichst stromsparende Anbindung von unzähligen Gegenständen an das Internet der Dinge gewünscht. Für etliche Anwendungsszenarien gibt es also einen Slice (engl. Scheibe oder Stück).

Wer profitiert von 5G?

Zunächst werden vor allem Unternehmen profitieren, die den neuen Standard zum Beispiel in ihrer Fertigungshalle oder in einem Fuhrpark für das Internet der Dinge nutzen. Für die Industrie 4.0 gilt 5G als unverzichtbar. Auch intelligente Verkehrsleitsysteme sind in Planung, bei denen sich etwa die Ampelschaltung am tatsächlichen Verkehrsaufkommen orientiert. Zudem wird der Einsatz von 5G für den Betrieb autonomer Fahrzeuge getestet.

Was hat der private Nutzer davon?

Erst kürzlich haben zahlreiche Hersteller neue Smartphones angekündigt, die bereits den 5G-Standard unterstützen. Doch wann die ersten Käufer davon einen Vorteil haben werden, ist offen. Noch gibt es keine buchbaren Tarife der Mobilfunk-Provider für den neuen Standard. Vorteile dürfte 5G privaten Nutzern überall dort bringen, wo viele Menschen zusammenkommen und gleichzeitig online sein wollen. So eignet sich 5G zum Beispiel ideal dafür, auf einem Open-Air-Konzert oder bei einem Fußballspiel im Stadion keinen Besucher mehr netztechnisch im Regen stehen zu lassen.

Löst 5G die 4G-Netze ab?

Nein, LTE ist eine wesentliche Grundlage von 5G. Die Mobilfunkbetreiber bauen die 4G-Netze auch weiterhin massiv aus. Für viele Anforderungen dürfte sogar LTE völlig ausreichen - zum Beispiel beim Streaming von Videos. Das meinen zumindest die Provider. Im einfachen Betrieb kommt LTE auf eine Bandbreite bis zu 150 Megabit pro Sekunde, in manchen Städten sind heute bereits bis zu 300 Mbit/s möglich.

Das bereits seit 2016 gebaute LTE Advanced Pro (4,5G) soll dann sogar Geschwindigkeiten bis einem Gigabit pro Sekunde liefern. Selbst große Videodateien ließen sich damit in Sekundenschnelle herunterladen. Allerdings sind viele LTE-Netze nicht in der Lage, die theoretisch möglichen Höchstgeschwindigkeiten auch in der Praxis zu liefern. Bei 5G soll die bei den Nutzern tatsächlich ankommende durchschnittliche Datenübertragungsrate im Vergleich zu LTE viel höher sein.

Wird es künftig 5G flächendeckend geben?

Wohl kaum. Zuletzt forderten zwar allen voran die Länder Bayern, Mecklenburg-Vorpommern und Rheinland-Pfalz den Ausbau von 5G bis in den letzten Winkel. Für die Versorgung ländlicher Gebiete oder Ackerland haben die nun zur Versteigerung stehenden 5G-Frequenzen in der Regel aber zu kurze Reichweiten - dafür bräuchte man viele Zehntausend neu errichtete Funkzellen. Jeder einzelne 5G-Mast kostet schätzungsweise mehr als 100.000 Euro, so dass sich das schnell zu Milliardensummen addiert. Bislang stehen in Deutschland rund 70.000 Funkmasten, die über viele Jahre hinweg aufgebaut wurden. Mit den bereits 2015 versteigerten Frequenzen (700 MHz) fällt es leichter, große Flächen zu versorgen. Allerdings steht dort nur ein geringes Spektrum zur Verfügung, so dass dort keine 5G-Spitzenwerte möglich sind. (dpa/rs)