Als "Smartphone-Erfinder" hat Apple eigentlich den Anspruch, das innovativste und beste Smartphone zu bieten. Als Samsung 2019 sein erstes Smartphone mit faltbarem Display vorstellte, war dies für Apple deshalb eindeutig eine Niederlage. Mit den gerade vorgestellten Modellen Galaxy Z Flip 5 und Z Fold 5 hat Samsung nun sogar schon die fünfte Generation seiner innovativen Foldern vorgestellt, Google das Pixel Fold.
Vor allem in China ist dieser Formfaktor ein echter Renner. Geräte wie das Galaxy Fold 5 haben schließlich einiges zu bieten: Ausgeklappt wird aus dem kompakten Smartphone ein helles Mini-Tablet mit breitem 7,6-Zoll-OLED und man hat genug Arbeitsplatz für Video, verschachtelte Webanwendungen, Profi-Apps und Spiele. Bisher hat Cupertino keine Absicht erkennen lassen, ein Falt-iPhone auf den Markt zu bringen, hat dafür aber gute Gründe.
Das wissen wir über Apples Pläne
Es gab schon 2021 Gerüchte über ein faltbares Smartphone, der bekannte Analyst Ming-Chi Kuo kündigte sogar ein 8-Zoll-iPhone für 2023 an - allerdings war dies 2021 und mittlerweile ist nichts mehr von diesen Plänen zu hören. Erst 2024 oder 2026 könnte Apple ein solches Gerät planen, das erscheint aber doch recht vage.
Zwar testet Apple iPhones mit Klapp-Display sicher seit Jahren, fraglich ist, ob diese auch auf den Markt kommen. Anscheinend hat Apple die Technologie bisher einfach nicht überzeugt. Schließlich meinte Steve Jobs einmal während einer Entwicklerkonferenz "Die Leute denken, dass Fokussierung heißt, Ja zu sagen zu der Sache, auf die man sich konzentrieren muss. Aber das bedeutet es überhaupt nicht. Es heißt, nein zu sagen zu den hundert anderen guten Ideen, die es gibt. Man muss sorgfältig auswählen."
Dass Apple faltbare Displays komplett aus dem Blick verloren hat, folgt daraus nicht. Mark Gurman berichtet etwa über Tests von Macbook und iPads mit faltbarem Display. Man erhielte so etwa ein kompaktes Macbook, das ausgeklappt einen 20-Zoll-Bildschirm bietet! Dafür gibt es bereits zahlreiche Patente von Apple. So gibt es auch für Smartphones bereits kommende neue Konzepte, etwa von TCL. Es sprechen aber gewichtige Gründe dagegen, dass ein faltbares iPhone unmittelbar bevorsteht:
1. Faltdisplays sind immer noch zu anfällig
Vielleicht ist ein Smartphone auch der falsche Einsatzort für ein faltbares Display: Ein Smartphone wird im Alltag sehr stark beansprucht und bekommt immer wieder Stöße, Feuchtigkeit und Staub ab. Größter Kritikpunkt an den Falt-Smartphones ist aber weiterhin die Haltbarkeit. Vor allem bei den ersten Geräten gab es schnell Schäden am Mechanismus und Panel.
Samsung hat das offenbar noch immer nicht im Griff, für das Samsungs Fold 3 gibt es etwa eine Sammelklage verärgerter Nutzer. Ein Grundproblem ist, dass durch das Biegen des Displays keine schützende Glas-Schicht möglich ist. So gehören diese Geräte wohl in die Hände eines achtsamen Nutzers, der über ein paar Kratzer hinwegsieht. Erinnert man sich aber die Social-Media-Stürme und Sammelklagen, die bei kleinsten Mängeln eines neuen iPhone-Modells entstehen, sollte Apple besser noch ein paar Jahre warten, bis die Technologie ausgereift ist.
Diese Vorwürfe sind nicht aus der Luft gegriffen, in Foren oder bei Amazon in den Bewertungen findet man zwar viele zufriedene Kunden, aber auch auffallend viele Beschwerden. Die Kunden klagen sowohl über die technischen Ausfälle als auch über mangelnde Kulanz von Samsung. Letzteres ist zwar schwer einzuschätzen, offensichtlich muss Samsung muss aber mit einer Flut von Beschwerden und teuren Garantiefällen leben.
2. Der Mehrwert eines Faltdisplays ist begrenzt
Die Idee des klappbaren Displays ist faszinierend, in der Praxis halten sich aber offenbar Vorteile und Nachteile die Waage. Ein Nachteil ist die Optik: Durch das Biegen des Displays zeigen selbst die aktuellen Geräte von Google und Samsung eine deutlich sichtbare Linie oder Spalte in der Mitte. Wir vermuten, dass penible Apple-Jünger dies sofort bemängeln würden, Anwender berichten aber auch, diese Linie würde man nach einiger Nutzung kaum noch wahrnehmen.
Durchgesetzt haben sich zwei Faltmethoden: Man kann ein Display wählen, bei dem das Gerät eingeklappt fast quadratisch ist - etwa wie beim Samsung Flip oder Motorola Razr. Man erhält dann ausgeklappt ein langes und schmales Handy, das den gleichen Formfaktor wie ein iPhone 14 bietet. Die andere Kategorie sind Fold-Modelle mit einem langen schmalen Display, die ausgeklappt ein großes fast quadratisches Display ergeben.
Das ist in beiden Fällen nicht ideal: Ein Flip-Display ist im Grunde genommen nur so groß wie ein herkömmliches Display, muss aber erst ausgeklappt werden. Ein Fold-Modell bietet ein ungewöhnlich breites Display, davon profitieren aber nur ausgewählte Mobilapps. Zusätzlich benötigt man hier ein großes Außendisplay, das beim Fold-Modell eigentlich so groß wie ein herkömmliches Smartphone ist und wohl das meistgenutzte Display wird.
3. Es gibt Probleme mit der Kamera
Da das Gehäuse in zwei dünne Hälften aufgeteilt wird, haben die teuren Folder aus Platzgründen nicht die gleichen Kameras wie die Flaggschiff-Modelle - trotz höherem Preis. Es ist kein Zufall, dass bei Tests etwa von DXO Mark weder das Pixel noch das Samsung Fold mit Top-Modellen wie Pixel Pro und Galaxy S23 mithalten können. Bei einem "normalen" Smartphone ist außerdem die Bedienung beim Fotografieren simpler. Ein Pluspunkt: Immerhin bietet das größere Display eine größere Oberfläche beim Fotografieren und beim Betrachten der Fotos.
4. Kurze Laufzeit
Das große Display eines Folders verbraucht viel Energie, für den Alltag muss das große Display zusätzlich durch ein Front-Display ergänzt werden. Dieses ist zwar sparsamer als das Hauptdisplay, aber eigentlich ist ja das Hauptdisplay der Grund für den Kauf. Mit einem kleinen Tablet wie dem iPad Mini können diese Folder eigentlich ganz gut mithalten, gerade die Akkulaufzeit ist wohl langfristig ein Problem.
Gleichzeitig darf das Gerät schließlich nicht zu dick und zu schwer werden, was die Leistung des Akkus begrenzt. Trotzdem wiegt das neue Galaxy Z Fold 5 stattliche 253 Gramm, schon nah am iPad Mini mit seinen 293 Gramm.
5. Geringe Nachfrage
Abschreckend ist außerdem der Preis, sorgen die teuren Spezial-Displays doch für hohe Mehrkosten. Das erste Modell erschien 2019 für 2000 US-Dollar, das neue Samsung Galaxy Z Fold kostet offiziell 1899 Euro, das PIxel Fold ebenfalls ab 1899 Euro. Schon zur Einführung gibt es bereits verdächtig hohe Rabatte und Telekom-Kunden erhalten das Galaxy Flip bereits für 999 statt 1399 Euro.
Sind die Foldables etwa ein Flop? Wie Zahlen von Counterpoint zeigen, ist die Lage etwas komplizierter. Der gesamte Markt für Foldables machte im ersten Quartal 2023 gerade einmal 2,5 Millionen Stück aus, wuchs aber um 64 Prozent. Die Geräte werden offensichtlich immer beliebter, vor allem die kompakten Flip-Modelle für knapp 1000 Dollar.
In China hat sich die Nachfrage sogar verdoppelt, so war hier das Oppo N2 Flip ein großer Erfolg. In den USA steigt die Nachfrage ebenfalls, in Westeuropa und Asien stagniert die Nachfrage auf niedrigem Niveau. Zumindest für den chinesischen Markt sollte Apple diese Produktart langfristig im Auge behalten.
Fazit
Faltbare Displays sind eine tolle Technologie, aber noch sehr anfällig und das Konzept setzt viel guten Willen beim Käufer voraus. Apple wird deshalb noch einige Jahre warten, bis die Technologie ausgereift ist. Für bestimmte Nutzungsarten bietet das Klapp-Display eines Folders echte Vorteile, allerdings ist die Technologie noch teuer und eher ein Nischenmarkt.
Nicht zu vergessen: Für ein iPhone 15 Fold müsste Apple vermutlich einen Preis von nicht weniger als 2.499 Dollar verlangen, für ein iPhone 15 Flip auch mehr als für ein iPhone 14 Pro. Um einen solchen Preis zu rechtfertigen, müsste Apple einige Probleme lösen. Kratzer und sichtbare Linien auf dem Display würde wohl kaum ein Apple-Kunde akzeptieren. (Macwelt)