Additive Fertigungstechnologien

3D-Druck trifft IT-Fachhandel

12.05.2015 von Armin Weiler
Trotz des Hypes steckt der 3D-Drucker-Vertrieb im IT-Kanal noch in den Kinderschuhen. Dies soll sich nun ändern. Die Distribution bringt sich schon einmal in Stellung.

Vor noch nicht allzu langer Zeit haben sich Marktforscher und Glaskugelschauer mit ihren Wachstumsprognosen für 3D-Drucker nahezu überschlagen. Mittlerweile hat die Realität die noch junge Branche eingeholt. Das Einsteigersegment für Consumer hat sich noch nicht so explosiv entwickelt wie erhofft. Mut macht jedoch der Bereich, der sich zwischen den Einsteigergeräten und den extrem teuren großen Maschinen entwickelt.

Bisher läuft das Geschäft mit 3D-Druckern weitgehend am Channel vorbei. Professionelle Systeme im mittleren Preissegment könnten aber für IT-Reseller lukratives Business generieren.
Foto: Brues_shutterstock.com

Hier liegen die Chancen für den IT-Fachhandel und -Distribution. Während viele Grossisten noch zögern, bauen andere bereits Vertriebsstrukturen für das 3D-Druck-Geschäft auf. "3D-Drucker werden in den nächsten Jahren getrieben durch den technischen Fortschritt ein großes Wachstum generieren und somit aus dem Portfolio eines Distributors nicht mehr wegzudenken sein", prognostiziert Hans-Jürgen Schneider, Vertriebsleiter beim Imaging-Distributor DexxIT.

"Nur wer rechtzeitig in dieses Thema investiert, kann mit dem Markt wachsen und sich Know-how aufbauen", weiß auch Rudolf Ehrmanntraut, Senior Manager 3D Printing and Scanning Europe bei Ingram Micro. Der Broadliner hat dafür erst vor kurzem einen europäische Business Unit unter Leitung Ehrmanntrauts ins Leben gerufen. Der Ingram-3D-Druck-Spezialist bremst aber zu große Erwartungen: "2015 und 2016 werden vermutlich noch Jahre der Investition sein", schränkt er ein. Er sieht aber bereits ein Umdenken in der Industrie. "Statt in einen großen Industriedrucker wird in mehrere kleine Geräte aus dem professionellen Bereich investiert", berichtet er. Zudem rechnet Ehrmanntraut ab 2017 mit einem starken Wachstum im Consumer-Bereich. Ähnlich äußert sich Torsten Schnutz, Geschäftsführer bei Despec: "Zu Beginn erwarten wir hier keine außergewöhnlichen Umsätze, aber wir halten den Markt für so interessant, dass wir bereits zu Beginn dabei sein möchten und an der Entwicklung teilhaben wollen."

"3D-Drucker werden ein großes Wachstum generieren und somit aus dem Portfolio eines Distributors nicht mehr wegzudenken sein", prognostiziert Hans-Jürgen Schneider, Vertriebsleiter beim Imaging-Distributor DexxIT.
Foto: DexxIT

3D-Druckerhersteller experimentieren bei Vertriebsstrukturen

Allerdings gab es bisher zwischen den Herstellern und der IT-Distribution wenig Berührungspunkte. "Tatsächlich sind viele 3D-Druckhersteller noch im experimentellen Stadium. Diese in die Vertriebsstrukturen eines IT-Channels zu integrieren, ist eine Herausforderung", schildert Jörg Lauer, Director DACH bei der Tech-Data-Abteilung Datech, in der die Autodesk- und CAD-Aktivitäten des Distributors gebündelt sind. "Für die Hersteller, mit denen wir zusammenarbeiten, ist die Distribution selbst ein völlig neues Thema", bestätigt Ingram-Manager Ehrmanntraut.

"Nur wer rechtzeitig in dieses Thema investiert, kann mit dem Markt wachsen", Rudolf Ehrmanntraut, Senior Manager 3D Printing and Scanning Europe bei Ingram Micro.
Foto: Ingram Micro

Hans-Jürgen Schneider von DexxIT spricht von "sehr rudimentären Vertriebsstrukturen", sieht die Sache aber gelassen: "Wir sind gewohnt, Channel-fremde Hersteller an die Eigenheiten des Kanals zu gewöhnen und sie in diesen zu integrieren", meint er. Dies setzt aber voraus, dass sich die Herstellerseite auch auf die Gepflogenheiten der IT-Distribution einlässt. "Viele der aktuell auf dem Markt befindlichen Hersteller kennen die Strukturen der IT-Welt nicht oder nur wenig. Daher entstehen momentan erstaunliche Wege der Vermarktung", schildert Despec-Chef Schnutz die Situation. So sei auch das Thema Preise nicht oder nur teilweise sauber abgebildet. "Distributionseinkaufspreise liegen in Deutschland oft über den Endkundenpreisen im benachbarten Ausland, was zu Unsicherheiten und Diskussionen führt", erklärt er. "Wichtig ist, dass der Hersteller sich Channel-konform verhält und die IT-Reseller zudem mit Marketing, Kampagnen und interessanten Konzepten unterstützt", ergänzt Tech-Data-Spezialist Lauer. Erst wenn dies geregelt sei, könne die Distribution von 3D-Druckern erfolgreich sein.

"Viele der aktuell auf dem Markt befindlichen Hersteller kennen die Strukturen der IT-Welt nicht Torsten Schnutz, Geschäftsführer bei Despec.

IT-Fachhändler erweitern den Kundenzugang

Einig sind sich die Distributionsvertreter bei der künftigen Rolle des IT-Fachhandels. "Der IT-Channel ist flexibel und kann durch diese Produkte auch im Bereich Dienstleistungen gute Mehrwerte entwickeln", sagt Christoph Runge, Geschäftsführer bei COS. Damit können IT-Händler Kundenkreise erschließen, die bisher noch nicht abgedeckt sind. "Bereits vorhandene Strukturen und neue, über den IT-Channel geschaffene Vertriebskanäle werden sich nicht kanibalisieren, sondern ergänzen", prognostiziert Martin Rademacher, Product Manager bei Systeam. Er sieht zudem Vorteile bei der Einbindung der Geräte in bereits bestehende IT-Landschaften. "IT-Händler können bereits vorhandenen, den 3D-Druckerherstellern aber oft unbekannten Vertriebskanäle und Ansprechpartner in Unternehmen nutzen", erläutert Rademacher.

"Vorhandene Strukturen und neue, über den IT-Channel geschaffene Vertriebskanäle werden sich nicht kanibalisieren, sondern ergänzen", Martin Rademacher, Product Manager bei Systeam.
Foto: Systeam

Für Rudolf Ehrmanntraut führt daher kaum ein Weg am IT-Fachhandel vorbei: "Egal ob Consumer oder Industrie, die etablierten Reseller im 3D-Druck.Umfeld haben teilweise gar nicht die Möglichkeit, sich schnell genug auf die rasant wachsende Anzahl an Kundenanfragen im Markt einzustellen und ihre Unternehmen an die veränderte Situation anzupassen", glaubt er. Der IT-Channel habe den breitesten Zugang zum Endkunden. "Ob großes Systemhaus, kleines Ladengeschäft oder eher beratend tätiges Unternehmen, jeder kann seinen eigenen Weg in die neue Technologie gehen und seinen Platz im margenträchtigen Lösungsgeschäft finden", verspricht der Ingram-Manager.

Doch auch für die Distribution können neue Kundenpotenziale entstehen, die die Grossisten als Bezugsquelle bisher noch nicht auf dem Schirm hatten. "Nicht zu vergessen ist hierbei allerdings, dass die Notwendigkeit besteht, sich auf zum Teil andere Handelspartner einzustellen, da über die heute bekannten Fachhändler hinaus weitere Spezialisten bedient werden müssen", gibt Torsten Schnutz von Despec zu bedenken.

Original- und Fremdhersteller kämpfen um den Supplies-Markt

Was den Markt zusätzlich interessant macht, ist das Folgegeschäft mit den Verbrauchsmaterialen. Für kunststoffbasierte Drucker werden diese in der Regel "Filament" genannt, da sie in der Regel fadenförmig bereitgestellt werden. "Wo gedruckt wird, wird auch Supplies gebraucht", bringt es Schnutz auf den Nenner. "Je häufiger 3D-Drucker eingesetzt werden, umso höher ist der Verbrauch an Materialien", rechnet DexxIT-Vertriebsleiter Hans-Jürgen Schneider vor. Dies gelte nicht nur für Einzelstücke, sondern insbesondere bei Anwendungsszenarien in der Produktion.

"Das Verbrauchsmaterial wird vorerst von den Herstellern der Geräte dominiert", Christoph Runge, Geschäftsführer bei COS.
Foto: Api

Ähnlich wie bei Tinte oder Toner für 2D-Drucker kämpfen bereits Original- und Fremdhersteller um den lukrativen Markt für Verbrauchsmaterial. Christoph Runge von COS sieht dabei noch die Originalhersteller vorne: "Das Verbrauchsmaterial wird vorerst von den Herstellern der Geräte dominiert", meint er. Diese können das Filament genau auf die Drucktemperatur und die Beschaffenheit des Druckers abstimmen, um die bestmögliche Qualität zu erzeugen. Systeam-Manager Martin Rademacher hingegen verweist auf die Fülle der alternativen Anbieter: "Es gibt ähnlich viele Fremdhersteller am Markt wie im Bereich Drucker-Supplies", weiß er. Dabei sei aber wichtig, dass die Verbrauchsmaterialien Eigenschaften wie klar definierte Schmelzpunkte, hohe Haftung der druckschichten, wiederholbare Genauigkeit und hohe Materialfestigkeit nach dem auskühlen mitbringen.

"3D-Druckerhersteller in die Vertriebsstrukturen eines IT-Channels zu integrieren, ist eine Herausforderung" Jörg Lauer, Director DACH Datech bei Tech Data.
Foto: Tech Data

Auch Jörg Lauer Tech Data zieht die Parallelen zum 2D-Druck: "Ich denke es wird sich ähnlich dem Markt für Tintenpatronen verhalten. Ein sicheres und gleichbleibendes Ergebnis kann nur durch zertifizierte und vom Hersteller geprüfte Materialien erreicht werden", betont er. Dies gelte vor allem für Produkte bei denen Zertifikate und Prüfzeichen erforderlich sind wie bei CE, Food und Chemie. "Im Design, Modell- und Prototypenbau mag das anders sein. Hier sind häufig neue, außergewöhnliche Materialien gefragt, die der Hersteller gar nicht anbietet", schränkt Lauer ein. Durch die steigende Marktdurchdringung der 3D-Drucker werde das Geschäft mit Materialien zwangsläufig ein lukratives Geschäft für die IT-Channelpartner.