Nachholbedarf bei Unternehmen

10 Tipps für den Verkauf von Services

06.10.2010
Wie Sie Serviceleistungen vermarkten können, sagen Dr. Matthias Klimmer und Peter Schreiber.

Viele Industriegüterunternehmen wollen Serviceleistungen verstärkt nutzen, um ihren wirtschaftlichen Erfolg zu steigern. Dies ist ein Ergebnis der Studie "Vermarktung von Serviceleistungen in der Industriegüterbranche", die das Institut für Unternehmensführung an der Hochschule Mannheim und die Unternehmensberatung Peter Schreiber & Partner, Ilsfeld, erstellt haben. Aufgrund der in der Studie konstatieren Vermarktungsdefizite haben deren Autoren folgende Handlungsempfehlungen formuliert.

1. Erkennen Sie interne Stärken und Schwächen sowie externe Chancen und Risiken

Ob im Produkt- oder Servicemarkt: Wer erfolgreich seine Leistungen verkaufen möchte, muss seine Zielmärkte gut kennen. Recherchieren Sie deshalb firmeninterne und -externe Quellen, um unter anderem folgende Fragen zu beantworten:

- Wo existieren attraktive Marktpotenziale für mögliche Serviceleistungen?

- Wer sind potenzielle Abnehmer in unseren Zielmärkten?

- Wie sehen die Erwartungen unserer (Ziel-)Kunden bezüglich Serviceleistungen aus und welche Kundentypen lassen sich daraus ableiten (z.B. Selbstinstandhalter, Serviceoptimierer, Nutzenoptimierer)?

- Wie verlaufen die Entscheidungsprozesse für die Vergabe von Serviceleistungen?

- Wo liegen unsere Stärken und Schwächen im Servicegeschäft?

- Wer sind unsere relevanten Wettbewerber und welche Stärken und Schwächen haben sie?

- Welche Entwicklungen zeichnen sich in unseren Zielmärkten ab?

- Welche Marktchancen und -risiken sind für ein erfolgreiches Vermarkten unserer Serviceleistungen erkennbar?

2. Entwickeln Sie eine eigene Servicestrategie

Angesichts der in vielen Industriebranchen existierenden Umsatz- und Ertragspotenziale und des zunehmenden Wettbewerbs auch im Servicebereich, empfiehlt sich beim Vermarkten industrieller Serviceleistungen ein systematisches Vorgehen. Entwickeln Sie basierend auf klar definierten Zielen eine eigene Servicestrategie. Diese sollte unternehmensspezifische Antworten enthalten auf Fragen wie:

- Welche Bedeutung hat der Service in Bezug auf die Vision und Strategie unseres Unternehmens?

- Warum bieten wir Serviceleistungen an? Welche qualitativen oder quantitativen Ziele wollen wir damit bis wann erreichen?

- In welchem Verhältnis sollen die Vermarktung unserer Produkte und Serviceleistungen stehen? (z.B. reine Verkaufsunterstützung? Oder: Differenzierungsmerkmal? Oder: Service als eigenständiges Produkt?)

- Wie lässt sich unser Zielmarkt segmentieren und welche Marktsegmente wollen wir aktiv bearbeiten?

- Wodurch wollen wir uns von unseren Hauptwettbewerbern unterscheiden?

3. Entwickeln Sie ein attraktives Serviceportfolio

Die von Ihrem Unternehmen angebotenen Serviceleistungen bilden das Herzstück des Vermarktungskonzepts. Doch Vorsicht! Ein breites Angebot garantiert nicht automatisch den Erfolg. Erfolgsrelevanter ist, dass die angebotenen Leistungen Ihren (Ziel-)Kunden einen hohen Nutzen bieten und von den verantwortlichen professionell vermarktet werden.

Beim Gestalten Ihres Leistungsprogramms sollten Sie unternehmensspezifisch Fragen beantworten wie:

- Welche Serviceleistungen erwarten unsere (Ziel-)Kunden? - Welche Leistungen wollen wir den verschiedenen Kundentypen aktiv anbieten? Welches sind unsere Kern-, welches unsere Randleistungen?

- Inwieweit sind Bündelangebote aus verschiedenen Serviceleistungen oder Serviceleistungen und Produkten dazu geeignet, unsere Serviceziele zu erreichen?

- Inwieweit wollen wir aktiv Service für Fremdprodukte anbieten?

- In welcher Form wollen wir unsere Leistungen anbieten (z.B. Serviceverträge oder Einzelaufträge)?

- Inwieweit können wir mit unseren Serviceleistungen den Kunden einen hohen (im Idealfall unverwechselbaren) Nutzen bieten?

4. Gestalten Sie Ihre Preise und Konditionen gewinnbringend

Ein wirtschaftlich erfolgreiches Vermarkten von Serviceleistungen setzt voraus, dass die Kunden bereit sind, für ihre Inanspruchnahme Preise zu bezahlen, die (möglichst weit) über den Selbstkosten des Anbieters liegen.

Beim Gestalten Ihrer Preispolitik sollten Sie Antworten auf folgende Fragen finden:

- Inwieweit wollen wir Serviceleistungen bei Produktverkäufen separat berechnen?

- Wie wollen wir uns mit unseren Serviceleistungen preislich positionieren? Welches Preis-Leistungs-Verhältnis wollen wir bieten?

- Wie gehen wir bei der Kalkulation der Preise vor? (z.B. kosten-, nach-frage- oder wettbewerbsorientiert)

- Inwieweit können wir verschiedene preispolitische Instrumente zielführend einsetzen (z.B. Finanzierungsangebote, Liefer- und Zahlungsbedingungen, Versicherungen, Inzahlungnahme)?

- Was müssen wir tun, um eine ausreichende Zahlungsbereitschaft der potenziellen Kunden für unsere Dienstleistungen zu erreichen?

5. Vertreiben Sie Ihre Serviceleistungen aktiv

Eine Besonderheit beim Vermarkten produktbegleitender Serviceleistungen ist die enge Verbindung zum Produktverkauf. Eine Abstimmung von Produkt- und Servicevertrieb liegt daher nahe.

Beim Gestalten Ihrer Vertriebspolitik sollten Sie Antworten auf Fragen wie diese finden:

- Über welche Absatzwege wollen wir Servicekunden gewinnen?

- Welcher Organisationseinheit übertragen wir die Zuständigkeit und Ergebnisverantwortung für das Gewinnen und Betreuen der Servicekunden?

- Wer spricht am erfolgversprechendsten die für uns attraktivsten Kunden(-gruppen) auf unsere Serviceleistungen an?

- Inwieweit verfügen die mit der Vermarktung unserer Serviceleistungen betrauten Mitarbeiter über fundierte Kenntnisse und Fertigkeiten in Marketing und Vertrieb?

- Wie ist die Nahtstelle von Produkt- und Servicevertrieb zu gestalten, damit die Service- und Vertriebsziele effizient erreicht werden?

6. Sprechen Sie potenzielle Servicekunden zielgruppenspezifisch an

Eine besondere Herausforderung des Servicemarketing ist der immaterielle Charakter der zu verkaufenden Leistungen. Da im Unterschied zum Produktverkauf potenzielle Kunden nichts vorgeführt werden kann, ist die Kommunikation im Vermarktungsprozess besonders wichtig. Bei deren Ausgestaltung sollten Sie Fragen beantworten wie:

- Mit welchen Kommunikationsmaßnahmen wollen wir welche Wirkung bei unseren Zielgruppen erzielen (z.B. Bekanntheit, Image, Vertragsabschlüsse)?

- Inwieweit wollen wir die am Vergabeprozess von Serviceleistungen beteiligten Personengruppen wie etwa Nutzer, Instandhalter, Einkäufer oder Geschäftsführung differenziert ansprechen?

- Wie kommunizieren wir die Nutzenargumentation für unsere Serviceleistungen überzeugend an unsere Zielgruppen?

- Inwieweit kann und soll das vom Produktmarketing aufgebaute Image auf den Servicebereich übertragen werden?

- Inwieweit steht der Aufwand für den Aufbau einer Servicemarke in einem angemessenem Verhältnis zu deren Nutzen?

7. Entwickeln Sie für Ihre Leistungen individuelle Marketingkonzepte

Ein professionelles Servicemarketing bedeutet, auf der Basis von Analysen der Ist-Situation und Prognosen über künftige Entwicklungen zu definieren, welche Ziele in welchem Umfang in welchem Zeitraum erreicht werden sollen. Aus den Zielen werden dann wiederum konkreten Maßnahmen abgeleitet. Detaillierte Zeit- und Maßnahmenpläne mit vereinbarten Kostenbudgets, angenommenen Wirkungs- bzw. Ergebnisprognosen und klaren Verantwortlichkeiten unterstützen dann wiederum das praktische Umsetzen der geplanten Aktivitäten.

Fixieren Sie die wichtigsten Ergebnisse dieser Überlegungen und Entscheidungen in Marketingkonzepten bzw. -plänen. Überlegen Sie, ob ein Gesamtkonzept genügt oder eine Differenzierung nach Serviceleistungen, Zielgruppen oder Marktregionen sinnvoll wäre. Ein schriftliches Fixieren der Konzepte erhöht die Verbindlichkeit und erleichtert die interne Information sowie das Überwachen und Steuern der Aktivitäten.

8. Schaffen Sie geeignete Strukturen und Prozesse

An der Gewinnung und Betreuung von Servicekunden sind meist verschiedene Unternehmensbereiche und Personen beteiligt. Definieren Sie deshalb die relevanten Prozesse und regeln Sie die Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten für die anfallenden Aufgaben eindeutig. Dabei sollten Sie ein besonderes Augenmerk auf die Potenzialermittlung, die Zielkundenansprache sowie die Angebotserstellung und -verfolgung legen. Wichtig für eine erfolgreiche Marktbearbeitung ist auch ein effizienter Informationsaustausch sowohl innerhalb des Servicebereichs als auch zwischen Service und den anderen Unternehmensbereichen (insbesondere Vertriebsinnen- und -außendienst). Stellen Sie diesen sicher.

Achten Sie, da Marketing und Vertrieb nicht zu den traditionellen Kernkompetenzen industrieller Servicebereiche gehören, darauf, dass die für den Servicevertrieb zuständigen Stellen über die erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten sowie eine ausgeprägte Verkaufsorientierung verfügen. Prüfen Sie, da eine professionelle Vermarktung von Serviceleistungen in der Regel nicht "nebenbei" zu machen ist, auch, wie das Servicemarketing organisatorisch verankert werden sollte (z.B. in Form einer spezialisierten Stelle).

9. Implementieren Sie geeignete Managementsysteme zum Planen, Überwachen und Steuern Ihrer Vermarktungsaktivitäten

Ein professionelles Marketing ist eng verbunden mit einer systematischen Planung, Umsetzung, Überwachung und Steuerung aller vermarktungsrelevanten Aktivitäten. Leiten Sie aus Ihren Unternehmenszielen operative Marketingpläne für Ihre Serviceleistungen ab. Definieren Sie die erforderlichen Budgets und übertragen Sie die Verantwortung für deren Einhaltung an die Stelle, die für das Erreichen der Serviceziele verantwortlich ist. Überwachen Sie ausgewählte Erfolgsgrößen wie Serviceumsatz, Deckungsbeitrag oder Rendite permanent; ebenso die Kundenzufriedenheit mit den erbrachten Serviceleistungen.

10. Fördern Sie eine serviceorientierte Unternehmenskultur

Ein erfolgreiches Vermarkten von Serviceleistungen erfordert das Vorhandensein einer serviceorientierten Unternehmenskultur. Wenn Botschaften wie "Auf uns ist Verlass", "Wir sind immer für Sie da" oder "We are empowering our customers" in den Markt kommuniziert werden, dann müssen diese auch von den zuständigen Mitarbeitern in einer für den Kunden überzeugenden Weise gelebt werden. Überprüfen Sie, inwieweit diesbezüglich in ihrer Organisation - zum Beispiel aufgrund traditionell stark funktions- oder produktorientierter Denk- und Verhaltensweisen - noch Hürden zu überwinden sind.

Soll Servicemarketing nicht nur auf Hochglanzbroschüren stehen, sondern gelebt werden, gehört zu einem erfolgreichen Vermarkten von Serviceleistungen immer auch ein Marketing nach innen. Stellen Sie deshalb unter anderem sicher, dass die Unternehmensleitung voll hinter dem Marketingkonzept steht und sich dazu in- und extern bekennt.

Der Autor Dr. Matthias Klimmer ist Professor an der Fakultät für Wirtschaftsingenieurwesen der Hochschule Mannheim. Er leitet das Institut für Unternehmensführung an der Hochschule.

Kontakt:

Tel.: 0621/292-6151, E-Mail: m.klimmer@hs-mannheim.de

Der Autor Peter Schreiber ist Dipl.-Betriebswirt BA und Inhaber der auf die Investitionsgüterindustrie spezialisierten Unternehmensberatung Peter Schreiber & Partner, Ilsfeld.

Kontakt:

Tel.: 07062/96 96 8, E-Mail: sekretariat@schreiber-managementpartner.de