Arbeitsrecht, Urheberrecht, Mietrecht

10 interessante Urteile

21.09.2012
Schmiergelder, Kündigung wegen Alkoholerkrankung, Sozialauswahl, Inkassokosten - interessante Gerichtsentscheidungen, zusammengestellt von Michael Henn
Im Mietvertrag sind auch Einzelheiten zur Mietkaution geregelt.
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Herausgabe erhaltener Schmiergelder
Landesarbeitsgericht München, Urteil vom 08.05.2012, Az. 6 Sa 957/11

Ein Arbeitnehmer hat empfangene Schmiergelder nach §§ 667, 681, 687 Abs. 2 BGB an den Arbeitgeber/Auftraggeber herauszugeben. Mit der Annahme von Schmiergeld führt der Arbeitnehmer ein fremdes Geschäft als eigenes. Die gegen diesen Herausgabeanspruch gerichteten Einwände, die im Ergebnis allein einen Schadenersatzanspruch des Arbeitgebers/Auftraggebers bei Schmiergeldannahme zulassen wollen, greifen nicht durch.

Von den Personen, welche an einen Arbeitnehmer Schmiergeld entrichten, kann der Arbeitgeber/Auftraggeber Schadenersatz verlangen. Dies setzt voraus, dass deswegen bei ihm ein Schaden eingetreten ist. Regelmäßig wird dies nach den Grundsätzen des Anscheinsbeweises in Höhe des bezahlten Schmiergeldes anzunehmen sein. Dies gilt aber dann nicht, wenn der Schmiergeldbetrag relativ gering ist und maximal 5 % des Gesamtauftragssumme ausmacht; dann ist nicht auszuschließen, dass Schmiergeldzahler diesen Betrag von ihrem Gewinn abgezweigt haben.

Personenbedingte Kündigung bei Alkoholerkrankung
Landesarbeitsgericht München, Urteil vom 10.05.2012, Az. 3 Sa 1134/11

Erhebliche betriebliche Beeinträchtigungen liegen bei einer fristgemäßen personenbedingten Kündigung eines alkoholerkrankten Arbeitnehmers vor, wenn dieser eine Arbeitsaufgabe in einem Arbeitsumfeld verrichtet, die mit Selbst- und Fremdgefährdungen von Personen und Sachen einhergeht.

Kündigung einer GbR aus wichtigem Grund
BGH, Urteil vom 22.05.2012, Az. II ZR 2/11

Ein Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist zur außerordentlichen Kündigung der Gesellschaft berechtigt, wenn ihm eine Fortsetzung der Gesellschaft bis zum Vertragsende oder zum nächsten ordentlichen Kündigungstermin nicht zugemutet werden kann, weil das Vertrauensverhältnis zwischen den Gesellschaftern grundlegend gestört oder ein gedeihliches Zusammenwirken aus sonstigen, namentlich auch wirtschaftlichen Gründen, nicht mehr möglich ist.

Ob ein wichtiger Grund für die Kündigung vorgelegen hat, ist auch in der Revisionsinstanz in vollem Umfang darauf nachprüfbar, ob die Anwendung des Begriffs des wichtigen Grundes von einem zutreffenden Verständnis der darin zusammengefassten normativen Wertungen ausgeht, d.h., ob alle zur Beurteilung wichtigen Gesichtspunkte herangezogen worden sind und ob das Gewicht der Gründe für den Maßstab der Unzumutbarkeit des weiteren Festhaltens am Vertrag ausreicht.

Sieht der Gesellschaftsvertrag einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts vor, dass die Insolvenz eines Gesellschafters zu dessen Ausscheiden und zur Fortsetzung der Gesellschaft unter den verbleibenden Gesellschaftern führt, stellt die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Gesellschafters (hier: der geschäftsführenden Gründungsgesellschafterin) für einen anderen Gesellschafter nur bei Darlegung besonderer Umstände einen wichtigen Grund für die (außerordentliche) Kündigung des Gesellschaftsverhältnisses dar.

GmbH-Geschäftsführer

Organisationspflicht des Geschäftsführers
BGH, Urteil vom 19.06.2012, Az. II ZR 243/11

Der Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung muss für eine Organisation sorgen, die ihm die zur Wahrnehmung seiner Pflichten erforderliche Übersicht über die wirtschaftliche und finanzielle Situation der Gesellschaft jederzeit ermöglicht (Bestätigung von BGH, Urteil vom 20. Februar 1995 - II ZR 9/94, ZIP 1995, 560).

Stillschweigendes Aufrechnungsverbot bei Mietkaution
BGH, Urteil vom 11.07.2012, Az. VIII ZR 36/12

Mangels anderweitiger ausdrücklicher Vereinbarung ist dem Treuhandcharakter der Mietkaution ein stillschweigendes Aufrechnungsverbot im Hinblick auf Forderungen zu entnehmen, die nicht aus dem Mietverhältnis stammen. Mit derartigen Forderungen kann der Vermieter gegenüber dem Anspruch des Mieters auf Kautionsrückzahlung auch dann nicht aufrechnen, wenn die Kaution am Ende des Mietverhältnisses nicht für Forderungen des Vermieters aus dem Mietverhältnis benötigt wird.

Interessenausgleich mit Namensliste in der Insolvenz - Sozialauswahl - Auskunftspflicht
ArbG Stuttgart, Urteil vom 24.07.2012, Az. 16 Ca 2422/12

Die Auskunftspflicht über die Sozialauswahl gem. § 1 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 KSchG gilt - bei einem entsprechenden Verlangen des Arbeitnehmers - auch in den Fällen eines Interessenausgleichs mit Namensliste in der Insolvenz iSd. § 125 InsO uneingeschränkt.

Erfüllt der Insolvenzverwalter die Auskunftspflicht nicht bzw. nicht hinreichend ist die Kündigung ohne weiteres als sozialwidrig anzusehen.

Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung
BGH, Versäumnisurteil vom 19.06.2012, Az. II ZR 243/11

Der Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung muss für eine Organisation sorgen, die ihm die zur Wahrnehmung seiner Pflichten erforderliche Übersicht über die wirtschaftliche und finanzielle Situation der Gesellschaft jederzeit ermöglicht (Bestätigung von BGH, Urteil vom 20. Februar 1995, II ZR 9/94, ZIP 1995, 560).

Filesharing

Örtliche Zuständigkeit bei Urheberrechtsverletzungen durch Filesharing
LG Frankfurt, Urteil vom 18.07.2012, Az. 2-06 S 3/12

Das Einstellen von urheberrechtlich geschützten Werken in ein Filesharing-System begründet einen deliktischen Gerichtsstand an allen Orten, an denen das Werk abrufbar ist. Es gibt keinen Anlass, vom Grundsatz des "fliegenden Gerichtsstandes" insoweit abzuweichen.

Erstattung von Inkassokosten
AG Dortmund, Urteil vom 08.08.2012, Az. 425 C 6285/12

Ein gewerblicher Großvermieter hat keinen Anspruch auf Erstattung von Inkassokosten, die bei einem zum Konzern des Vermieters gehörenden Inkassoinstitut angefallen sind.

Mieter kommt mit der Zahlung in Verzug wegen einseitiger erhöhten Betriebskostenvorauszahlungen
BGB, Urteil vom 18.07.2012, Az. VIII ZR 1/11

Kommt der Mieter mit der Zahlung von durch den Vermieter nach § 560 Abs. 4 BGB einseitig erhöhten Betriebskostenvorauszahlungen in Verzug, scheitert eine (auch) darauf gestützte fristlose Kündigung des Vermieters nicht daran, dass der Vermieter den Mieter nicht vor Ausspruch der Kündigung auf Zahlung der erhöhten Betriebskosten verklagt hat. (oe)

Michael Henn ist Rechtsanwalt, Fachanwalt für Erbrecht, Fachanwalt für Arbeitsrecht und Schriftleiter der Mittelstandsdepesche und Vizepräsident der Deutschen Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e. V., www.mittelstands-anwaelte.de
Weitere Informationen und Kontakt:
Michael Henn, c/o Rechtsanwälte Dr. Gaupp & Coll, Stuttgart, Tel.: 0711 305893-0, E-Mail: stuttgart@drgaupp.de, Internet: www.drgaupp.de